Warum ist Manuka-Honig so gesund?

Wir erklären die Hintergründe, Inhaltsstoffe und Wirkungsweisen des beliebten Honigs aus Neuseeland.

Als Captain Cook Neuseeland erreichte, war der größte Teil seiner Besatzung nach der langen Fahrt auf See erkrankt. Die einheimischen Maori empfahlen ihm den Aufguss eines Strauches, den sie selbst bei vielen Erkrankungen verwendeten. Und siehe da, ein Matrose, der bereits dem Tode nahe war, gesundete dank des Trankes binnen kurzer Zeit.

Bei diesem Wunderstrauch handelt es sich um den Neuseeländischen Teebaum, besser bekannt als Südseemyrte oder unter dem Maori-Namen Manuka. Seine zierlichen rosafarbenen Blüten liefern den Nektar für einen aus naturheilkundlicher Sicht bemerkenswerten Honig.

manuka-honig

Medizinische Anwendungen von Honig sind altbewährt

honig biene

Honig ist in der Medizin nichts Neues. Schon die Bibel weiß davon zu berichten, und die alten Ägypter und Sumerer verwendeten ihn zur Behandlung von Krankheiten. Eine gängige Verwendung in der Klinik ist die Versorgung chronischer Wunden, die mit Honig schneller abheilen und vor Infektionen geschützt sind.

Der bakterizide Effekt beruht nicht allein auf niedrigem pH-Wert und Wasserentzug durch hohen Zuckergehalt. Er ist vor allem auf das Wasserstoffperoxid (H2O2) zurückzuführen, den das aus der Biene stammende Enzym Glukose-Oxidase im Honig ständig nachliefert.

Das im Honig enthaltene Wasserstoffperoxid entfaltet nicht nur bei äußerer Anwendung an Wunden seine Wirkung. Bestens bekannt ist Honig als Hausmittel gegen Halsschmerzen. Hier wirkt er pur, im Tee oder als Bonbon nicht nur Keimen entgegen, sondern legt sich auch schützend über die Schleimhäute.

Besonders hoch ist der Gehalt an Wasserstoffperoxid bei hochwertigem Honig. So eignet sich guter Berghonig oder Waldhonig für die medizinische Anwendung. Beim sehr effektiven Manuka-Honig begründet sich die Wirkung hingegen nicht nur im Gehalt von Wasserstoffperoxid.

Was macht Manuka-Honig so besonders?

In den 1980er Jahren stellte sich Manuka-Honig als extrem bakterizid heraus. Die Wissenschaftler waren überrascht, dass dieser Effekt in keinerlei Verhältnis zum Gehalt an Wasserstoffperoxid stand. Die „Nicht-Peroxidase-Aktivität“ war lange Zeit ein Rätsel, bis man eine Substanz fand, die in normalem Honig kaum, aber in Manuka-Honig in großen Mengen vorkommt: MGO. Hinzu kommen weitere Wirkstoffe wie das Glykosid Leptosperin, das die bakterizide Wirkung unterstützt. Darüber hinaus wirken Phenole als Antioxidantien und sind an den antienzündlichen und wundheilungsfördernden Eigenschaften beteiligt.

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Was ist MGO?

MGO ist die Abkürzung für Methylglyoxal. Dieses ist ein Nebenprodukt der Glykolyse und wird außerdem bei der Oxidation von DNA und Peroxidation von Lipiden gebildet. Im menschlichen Körper werden die im Stoffwechsel anfallenden geringen Mengen sofort neutralisiert. Die Wirkung von MGO auf Bakterien und Pilze ist mit der von Wasserstoffperoxid zu vergleichen: Es ist ähnlich hochreaktiv und schädigt DNA und Proteine der Mikroorganismen.

Strukturformel Methylglyoxal
Strukturformel Methylglyoxal

Was bedeutet UMF?

Für die Beurteilung der Qualität eines Manuka-Honigs ist seine antimikrobielle Wirkung wichtig. Der Unique Manuka Factor (UMF) vergleicht diese mit der einer entsprechenden Verdünnung von in Wasser gelöstem Phenol. Häufiger findet man auf dem Etikett den MGO-Gehalt. Beide korrelieren miteinander und sind letztlich gleich aussagekräftig. Der Unterschied: Die MGO-Angabe bedeutet die Menge der chemischen Substanz, der UMF-Wert gibt eine biologische Wirkung an.

Medizinische Verwendung von Manuka-Honig

In ihrer traditionellen Medizin verwenden die Maori die Südseemyrte als Sedativum und zur Wundheilung. Bei uns nutzt man Manuka-Honig zur Beseitigung von Infektionen bei Abzessen, Operationswunden, traumatischen Verletzungen, Verbrennungen und Geschwüren.

Aktuell befasst sich die Forschung mit der Isolierung und Aufreinigung der bioaktiven Inhaltsstoffe, um sich deren wundheilenden und bakteriziden Eigenschaften zunutze zu machen. Einige der bisherigen Forschungsergebnisse haben wir hier zusammengefasst.

Manuka-Honig bei chronischen Wunden

Die steigende Lebenserwartung führt dazu, dass chronische Wunden wie Unterschenkelgeschwüre (Ulcus cruris) und Druckgeschwüre (Dekubitus) immer häufiger auftreten. Ein nicht minder großes Problem stellt die Versorgung des diabetischen Fußsyndroms dar. Mangelnde Durchblutung verhindert ein schnelles Abheilen offener Stellen, die sich zusehends vergrößern und erhebliche Probleme verursachen.

Der Wegfall der Hautbarriere lässt Bakterien ungehindert in die Wunde eindringen, wo sie ideale Wachstumsbedingungen vorfinden. Infektionen behindern die Wundheilung, lassen das Geschwür eitern und über Monate nicht verheilen.

Den Effekt von Manuka-Honig auf Unterschenkelgeschwüre hat sich eine kleine Studie mit acht Patienten angesehen. Innerhalb eines Monats verkleinerten sich die Hautläsionen auf die Hälfte des Ausgangswertes.

Ähnlich Positives berichtet eine Studie an Patienten mit Diabetes Typ 2. Infolge des diabetischen Fußsyndroms litten sie an offenen Wunden, die man vier Monate lang mit Manuka oder mit herkömmlichen Verbänden versorgte. Bei den mit Honig behandelten Patienten heilten die Wunden schneller ab. Zudem wurden sie bei doppelt so vielen Personen innerhalb einer Woche frei von Bakterien.

Bedeutung von Manuka bei steigender Keimresistenz

Aufsehenerregend ist die bakterizide Wirkung des Manuka-Honigs in Anbetracht der zunehmenden Bedeutung resistenter Keime. Methocillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) und andere Krankenhauskeime stellen die medizinische Versorgung vor kaum lösbare Probleme. Schuld daran ist der allzu sorglose Umgang mit Penicillin & Co. – ist ein Bakterienstamm resistent geworden, gibt er diese Eigenschaft nicht nur an seine Nachkommen, sondern auch an andere, nicht verwandte Bakterien ab. In solchen Fällen könnte sich Manuka-Honig als Wunderwaffe erweisen, denn er tötet Bakterien unabhängig von einer Resistenz.

In einer Studie hat man den Effekt von Verbänden mit Manuka-Honig mit dem sonst üblichen Hydrogel verglichen. Letzteres führte bei 16 Prozent der behandelten Patienten zu einem Verschwinden des MRSA. Der Honig war wesentlich effektiver: Hier verschwanden die multiresistenten Bakterien sogar bei 70 Prozent der Patienten.

Manuka-Honig bei Nebenhöhlenentzündungen

Entzündungen der Nase und der Nebenhöhlen sind typisch für einen grippalen Infekt. Werden sie zum ständigen Begleiter, lassen sich die Bakterien kaum vertreiben. Bei einer chronischen Rhinosinusitis wird das vor chirurgischen Eingriffen problematisch – im Operationsgebiet möchte man so wenig Keime wie möglich haben, um eine Sepsis zu vermeiden.

Üblicherweise erreicht man das mit Steroiden und Antibiotika. Ebenso gut ist einer klinischen Studie der University of Washinton zufolge Manuka-Honig geeignet. Spülte man die Nebenhöhlen vor der Operation einen Monat lang regelmäßig mit einer Honiglösung, senkte diese Maßnahme die Keimzahl, egal ob gleichzeitig eine Antibiose stattfand oder nicht.

Einen ähnlichen Effekt konnte man bei einer allergischen pilzbedingten Rhinosinusitis feststellen. Gegen die allergische Reaktion gab man 2011 den Patienten einen Monat lang ein Nasenspray mit Manuka-Honig oder eine Kochsalzlösung. Sie gaben an, dass sich mit dem Manuka-Spray ihre Beschwerden erheblich besserten.

Manuka-Honig bei Schuppenflechte

Auch bei Psoriasis kann sich Manuka-Honig als hilfreich erweisen. Er hält die schuppende Haut feucht und elastisch und wirkt entzündungshemmend und bakterizid. In einer Studie untersuchte man den Effekt einer Mischung aus Manuka-Honig, Bienenwachs und Olivenöl mit unterschiedlichen Anteilen der üblichen Corticosteroid-haltigen Salbe. Es zeigte sich, dass die Honigmischung die Beschwerden deutlich reduzierte und man die Corticoide in der Salbe niedriger dosieren konnte, um den gleichen positiven Effekt zu erzielen.

Wundbehandlung nach Lidkorrektur

Eine Blepharoplastik findet in einem heiklen Operationsgebiet statt – an der durch die Tränenflüssigkeit ständig feuchten Stelle finden Bakterien optimale Wachstumsbedingungen vor. Infektionen können die Wundheilung erheblich beeinträchtigen und Narben hinterlassen.

Britische Forscher haben Patienten nach der Lidstraffung ein Auge mit Vaseline, das andere zusätzlich mit Manuka-Honig behandelt. Auf dieser Seite waren die Wundschmerzen deutlich geringer und das Gewebe verheilte wesentlich schneller.

Bei trockenen Augen

Eine der häufigsten ophthalmologischen Erkrankungen ist das Sicca-Syndrom oder „trockene Auge“. Bildschirmarbeit oder niedrige Luftfeuchte infolge Heizung oder Klimatisierung sorgen für juckende, brennende Augen, die tränen und empfindlich auf Licht reagieren. Schuld daran ist eine nicht ausreichende Menge an Tränenflüssigkeit. Mit Augentropfen und feuchten Kompressen lassen sich die Beschwerden lindern und Infektionen vermeiden.

Hier hilft Manuka-Honig ebenfalls. In einer australischen Studie bekamen Patienten normale Augentropfen oder ein Gel mit 16 oder 98 Prozent Honiganteil. Vor allem bei der honigreicheren Variante besserte sich die Symptomatik. Zudem verringerten sich damit die bakteriellen Infektionen.

Bei Plaque

Der medizinische Effekt von Manuka-Honig bei Wunden beruht nicht zuletzt darauf, dass er die Ausbildung eines Biofilms verhindert. Bakterien bilden eine Schicht, in der sie sich einen Raum mit optimalen Wachstumsbedingungen schaffen. Gleiches ist bei Zahnbelag (Plaque) der Fall, der Mineralien aus dem Speichel einlagert und zu Zahnstein verhärtet. Darin können sich Mikroorganismen ungehindert vermehren und Säuren bilden, die Karies, Zahnfleischentzündungen und letztlich Zahnausfall hervorrufen.

Manuka-Honig kann die Bildung von Plaque verhindert – das zeigt eine Studie, in der die Probanden nach den Mahlzeiten einen honighaltigen Kaugummi erhielten. Die Beläge verringerten sich auf fast die Hälfte, und auch die Zahnfleischentzündungen gingen merklich zurück.

Bei Magenproblemen

Erkrankungen des Verdauungstraktes gehören zu den Anwendungsgebieten von Manuka-Honig, die bereits die Maori kannten. Bei uns spielen Entzündungen von Magen und Dünndarm infolge der Besiedlung mit Helicobacter pylori eine wichtige Rolle. Das Bakterium ist für die Mehrzahl der Gastritiden und Magengeschwüre verantwortlich. In der sauren Umgebung überleben die Erreger, indem sie Harnstoff mithilfe von Urease in Kohlensäure und Ammoniak umwandeln. Letzteres neutralisiert die Salzsäure, ist aber zugleich ein starkes Zellgift, das Epithelzellen schädigt und Schleimhautentzündungen hervorruft. Methylglyoxal verhindert das – es hemmt das Enzym, wie mehrere Untersuchungen (der TU Dresden, der University of Fort Hare und der University of Waikato) zeigten.

Fazit zu Manuka-Honig in der Medizin

Die Anwendung von Manuka-Honig stösst auf zunehmendes Interesse. Vor allem seine antimikrobiellen und wundheilungsfördernden Eigenschaften erweisen sich als wichtig, da Antibiotikaresistenzen und chronische Wunden eine immer größere Rolle spielen. Weitere Untersuchungen zu den Wirkmechanismen und neue klinische Studien sind notwendig und dürften dafür sorgen, dass Manuka-Honig früher oder später nicht nur komplementärmedizinisch, sondern auch in der Schulmedizin eingesetzt wird.